So kann BDSM also aussehen…

Erst ein Knopf, dann der nächste, bis der Mantel ganz offen war. Darunter ein Strapsgürtel, Nylons, eine weiße Bluse. Der Blick auf meinen Hügel war frei. So platziert, am Ende des Hotelganges, fand ich mich keine drei Minuten, nachdem ich an die Türe geklopft hatte, wieder. Ich folgte ihm in meinen schwindelerregend hohen roten Lack-High Heels langsamen Schrittes in die Suite. Der erste kleine Kick lag hinter mir.

Er setzte sich und ich stellte mich vor ihn. Breiter Stand. Die Hände hinter dem Rücken gefasst. Ich sah ihn nicht an. Dem Herrn durfte ich niemals in die Augen sehen, doch der Sir forderte mich dazu auf. Er mag es, wenn ich ihn ansehe. Die Tiefe kommt mit dem Blick. Er hat wunderschöne Augen. So saß er vor mir im Sessel und betrachtete mich. Ich fühlte mich unsicher und versuchte durch eine stolze Haltung Stärke und Gefasstheit zu vermitteln. Er schritt um mich herum und hob mein Kinn an. Die klassische Musik hallte durch den großen Raum. Er legte sein Sakko ab und streifte mir den Mantel ab. Seine Augen verrieten den Bastard in ihm. Auf den freute ich mich mindestens ebenso, wie auf den Gentleman im schwarzen Anzug.

Die ersten Schläge treffen mich

Die Schläge mit der flachen Hand steigerten sich in ihrer Intensität, waren am Ende hart. Der Schmerz war wundervoll, seine Berührungen sind besonders. Immer wieder legte er seine Hand auf meine Pobacken, die irgendwann zu glühen begannen. Noch war ich still, genoss seine Zuwendung. Bei den Schlägen auf meinen Hügel sah das anders aus. Diese Art der Schläge kann ich nur sehr bedingt aushalten.

Der Sadist in ihm kam deutlich durch. Ich schrie und verkrampfte mich. Immer wieder schlug er fest zu. Jeder Schlag eine Qual.

Mir rannen die Tränen über die Wangen und die Töne, die aus meinem Mund kamen, waren ganz eindeutig keine Lustschreie mehr, sondern purer Schmerz. In diesen Situationen kommt Verzweiflung in mir hoch. Doch auf eine seltsame Art falle ich in diese Verzweiflung hinein und winde mich darin. In keinem Teil meines Lebens bin ich so sehr bei mir, im Moment und im Fokus, als wenn die Sklavin in Leid und Schmerz versinkt. Sadisten scheint das anzusprechen. In diesen Momenten ist mir klarer, als sonst, dass es kein Spiel ist, das ich einfach beenden kann. Ich brauche diese Erfahrung, diesen Kick, das Über-die-Grenze-gehen. Der Sir hat diese Schwelle übertreten und doch zum richtigen Zeitpunkt vom nächsten Schlag abgelassen. Noch kennt er mich und meine Reaktionen nicht so gut, aber er hat den Punkt sehr gut gespürt.

Austesten, was geht

Er hat mich studiert und mich wahrgenommen. Das gleiche habe ich getan. Seine Handlungen haben mir Sicherheit vermittelt, sein Verhalten war kontrolliert. Er hat sich in seine Lust hineinfallen lassen und mich genossen. Als ich vor ihm stand, das Kinn leicht nach oben gerichtet, den Blick nach unten in seine Augen und er im Anzug vor mir saß, habe ich etwas wie Macht über diesen Mann gespürt. Aber gibt es sie wirklich, die Macht der Sklavin? Ich habe nichts gespielt, sondern war echt. Ich habe ihn gefühlt in seiner Dominanz und in seinem Sadismus. Er hat sich genommen, was er wollte. Es tat weh, ich habe nicht widersprochen. Er hat weitergemacht. Genau, wie ich es mag. Dafür bin ich Sklavin. Seine Sklavin. Kein Safeword, sondern Empathie. Daran habe ich Gefallen gefunden. Er ebenso, denke ich. Zeit und Raum waren nicht spürbar für mich an diesem Abend.

Fehlt etwas?

Ich war fasziniert davon, wie wenig Spielzeug es braucht um einen solchen Abend zu gestalten, es hat mir an nichts gefehlt. Ich muss aber auch zugeben, dass ich den früher gehassten Rohrstock langfristig vermissen werde. Auch eine Bullwhip wird der Sir mich nicht spüren lassen. Das ist schade, denn wenn die Spitze mich trifft, beginne ich im brennenden Schmerz zu tanzen.

Die Frage des Halsbandes ist für mich nicht geklärt.

Einen Teil des Abends verbrachte ich mit einem Halsband. Ich habe es nicht richtig betrachtet, aber es hat sich nicht gut angefühlt. Es war breit und mit einem großen Ring versehen. Meinem Empfinden nach hat es mich eingeschränkt. Fast, als würde ich meiner Freiheit wieder beraubt. Braucht es ein Halsband? Die Antwort ist nicht so einfach. Was ich mir wünsche – ja, ich darf jetzt Wünsche äußern (!) – ist ein zartes Halsband, ein Unikat, keines von der Stange, das mich als das kennzeichnet, was ich bin. Eine Sklavin, die in Besitz ist. Auf Veranstaltungen oder privaten Events brauche ich das für mich, um zu zeigen, dass ich kein Freiwild bin. Herren, die Erfahrung haben, zeigt dieses Band, dass es eine Verbindung zu jemandem gibt. Es braucht kein schweres Lederhalsband, wie ich es früher getragen habe. Ich tue alles, was ich für ihn tue, freiwillig. Und es braucht kein Symbol, das mir Schwere vermittelt. Dabei geht es lediglich um die Außenwirkung. Zu zweit braucht es das nicht.

Per Du oder per Sie?

Wir haben uns auch darauf geeinigt, dass wir das förmliche „Sie“ nicht brauchen. Weder seine Dominanz, noch meine Submission werden davon berührt. Er ist über mir und ich habe großen Respekt – auch, wenn ich „Du“ sage. Es ist kein freundschaftliches „Du“, es fühlt sich richtig an. „Sehr wohl, Sir!“ klingt auch per Du gut.

Alte Gewohnheiten

Wie schwer es mir fällt, die angespannte Haltung einer stolzen Sklavin, die sich immer im Präsentationsmodus befindet, abzulegen, ist mir erst bewusst geworden, als der Sir mich aufforderte, mit ihm gemütlich am Sofa ein Glas Rotwein zu trinken. Ich konnte mich nicht einfach zurücklehnen, nahm nach wenigen Sekunden meine gewohnte Haltung ein. Beine breit, Rücken gestreckt, aufrecht, an der Vorderkante des Sofas. Das ist eine durchaus interessante Erkenntnis. Ich habe es so sehr verinnerlicht, dass ich mich anders nicht wohl fühle. Daher werde ich diese Haltung nicht ablegen. Sie gehört zu einer guten Sklavin. Mir kam vor, er betrachtete mich in diesem Moment fast ein wenig amüsiert. Ja, ich hatte kurz einen innerlichen Konflikt.

Ich möchte hier nicht den Abend nacherzählen, sondern reflektieren, was ich erlebt und gespürt habe. Sicher ist, dass ich der vergangenen TPE-Verbindung viel gelernt habe, auch wenn es im Nachhinein betrachtet wenig mit BDSM zu tun hatte. Mir wurden Verhaltensweisen antrainiert, andere wurden mir sprichwörtlich aus dem Leib geprügelt. Nun fühle ich Zufriedenheit mit mir, denn ich weiß genau, worauf ich zu achten habe. Wie ich dominanten Männern gegenübertreten muss und auch, wie ich bekomme, was ich brauche, ist eine Erkenntnis, die sehr wertvoll ist. Und ich weiß, wie ich Männer zufrieden mache. Mein BDSM ist kein Spiel, keine Manipulation und keine emotionslose Einbahnstraße. Es ist mein Leben. Es ist echt. Ich bin echt. Und ich bin voller Dankbarkeit dafür, dass ich es nun er- und ausleben kann. Als wäre ich neu geboren, als hätte ich ein tonnenschweres Kettenhemd gesprengt. Frei und zufrieden. Der Sir schränkt mich nicht ein, er ermuntert mich, mich auszuleben. Ich fühle mich in meiner neu gewonnenen Freiheit tief mit ihm verbunden.