Eine ganz besondere Begegnung

Ich bin glücklich und zufrieden. Ich bin ein liebenswerter und wertvoller Mensch. Ich liebe mich selbst und genieße dieses Gefühl und mein Leben.

Diese drei Sätze haben rund drei Stunden in meinem Kopf gearbeitet. Sie kamen von alleine und waren ganz plötzlich da. Wie ein langersehntes Gewitter im trockenen Hochsommer haben sie mich genährt. Ich habe sie immer und immer wiederholt. Und irgendwann musste ich nicht mehr darüber nachdenken, wie der nächste Satz lautete, denn die Wörter flossen dahin und ich ließ mich treiben.

Der Raum war wohlig warm und der Duft, den ich instinktiv gewählt hatte, nannte sich „Anchor“. Er versprach Mut und Ruhe. Das hatte ich bitter nötig, denn mein Leben ist aktuell berufsbedingt sehr stressig. Kaum Zeit, um wirklich zur Ruhe zu kommen und den Boden unter meinen Füßen zu spüren. Immer im Kopf, selten im Gefühl.

Ich machte es mir auf der Liege bequem, nur ein dünnes Baumwolltuch bedeckte meinen Körper. Sanft und unglaublich entspannend vernahm ich die Musik im Hintergrund. Als mich seine Hände berührten, war ich angekommen. Angekommen in den Stunden nur für mich allein. Kein Job, kein Herr, kein Mann, keine Familie, keine Probleme. Nur ich – und seine Hände, seine positive Energie und seine Ruhe. Die Hände drückten sanft auf meinen Rücken, eine am Schulterblatt, eine am unteren Rücken. Den leichten Zug, den sie erzeugten genoss ich bereits ungemein. Dann gegengleich. Leichtes Vibrieren am ganzen Körper, langsam und mit Bedacht. Danach umfasste er meine Gelenke der Reihe nach von oben nach unten und drückte sie sanft in die Liege. Der Druck brachte weitere Entspannung. Mein Atem war dennoch unruhig und mein Puls zeigte deutlich, dass ich weit von wirklicher Entspannung entfernt war. Diese Entspannung kam mit dem warmen Öl. Langsam und fast schon zurückhalten ergoss sich das Öl über meinen Körper. Das Tuch wurde wie in Zeitlupe und von Zauberhand nach unten gezogen, bis mein Rücken frei lag. Die Handflächen verteilten das Öl auf meinem Rücken und auf meinen Armen. Er ließ sich Zeit. Berührung ist eine Form der Begegnung. Diese Begegnung war von Respekt geprägt. Wir sind einander sehr intensiv begegnet. 

Irgendwann drehte ich mich auf den Rücken. Mein nackter Oberkörper lag vor ihm. Noch vor wenigen Jahren wäre es mir nicht möglich gewesen, eine solche Massage zu genießen. Doch heute kann ich mich fallen lassen. Ich atmete ruhig, hatte das Gefühl, jeder Muskel in meinem Körper hatte verstanden, dass jetzt der Zeitpunkt war, um sich zu entspannen.

Das warme und glitschige Öl umhüllte meinen gesamten Körper. Von der Haarspitze, über die Fingerspitze bis zur Zehenspitze. Unsere Haut glitt übereinander. Sein Ellenbogen und sein Unterarm zogen von meiner Schulter bis zu meinen Fußgelenken nach unten. Er schob mich, er hob mich, ich ließ es geschehen und atmete tief in mich hinein.

Niemals zuvor hat ein Mann mich so berührt. Es war kein vordergründiges Knistern, es war keine Erotik, es war kein sexuelles Verlangen im Raum. Es war viel mehr. Es war etwas viel intimeres zwischen uns: Vertrauen.

In diesen knapp drei Stunden habe ich mir geholt, was in meinem Leben fehlt: Liebevolle, zärtliche Berührung auf Augenhöhe. Er hat genau gespürt, was ich brauche. Und ich habe es aufgesaugt, wie ein Schwamm.